Startschuss für kirchlichen Reformprozess

Bis 2025 sollen schrittweise 41 neue Seelsorgeräume entstehen - Bischof Zsifkovics im "Kathpress"-Interview: "Wir wollen die Diözese für die kommenden Jahrzehnte fit machen"

Eisenstadt, 11.11.2015 (KAP) Die Diözese Eisenstadt reformiert ihre Seelsorge und die dazugehörenden Strukturen. Bis zum Jahr 2025 sollen schrittweise 41 neue Seelsorgeräume verwirklicht werden. Pfarren und Pfarrverbände sollen neue Netzwerke bilden, in denen Priester, Ordensleute, haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter zusammenarbeiten. Dabei werden die Pfarren strukturell bestehen bleiben, einen Verkauf von Kirchen wird es nicht geben. Der Reformprozess trägt den Titel "Neuer Pastoraler Weg".

Seit 2013 wurde in der Diözese an dem neuen Konzept gearbeitet, an dem von der Diözesan- über die Dekanats- bis hin zur Pfarrebene viele Menschen mitgewirkt haben. Am 15. Oktober erfolgte der offizielle Beschluss der diözesanen Gremien, zum diesjährigen Martinsfest wurde dieser neue Weg nun im Rahmen der traditionellen Festakademie öffentlich verabschiedet.

"Als solidarische Gemeinschaft wollen wir damit zeitgemäße Antworten auf die Lebenswelten der Menschen im 21. Jahrhundert finden" sagte der burgenländische  Bischof Ägydius Zsifkovics. "Wir wollen die Diözese Eisenstadt für die kommenden Jahrzehnte fit machen", brachte er die Reform am Rande des Martinifestes im "Kathpress"-Interview auf den Punkt.

Alle Getauften und Gefirmten seien aufgerufen, sich zu engagieren und ihren Beitrag zu leisten. Die Kirche brauche mündige Gläubige. Sie müsse sich dem geforderten Prozess der Weltdurchdringung öffnen und neue Räume eines lebendigen Glaubensbezugs im Geiste der Neuevangelisierung erschließen, betonte der Bischof. Die Laien müssten dabei als großer Schatz der Kirche gesehen werden. Für die Kirche als Ganze gelte es, ein Leben der Einfachheit, Demut, Hingabe und Authentizität zu leben.

Zsifkovics räumte ein, dass noch nicht alle Beteiligten mit gleicher Begeisterung diesen Reformprozess mittragen würden. Genau deshalb habe man den Prozess auch so breit angelegt und bis auf die Pfarrebene hinunter geführt.

Eine besondere Bedeutung komme den Orden zu, unterstrich der Bischof, der einige neue Ordensgemeinschaften bereits ins Burgenland geholt hat. Klöster seien "Oasen des geistlichen Lebens" und für die Erneuerung der Kirche unabdingbar.

Ein Kloster ganz ausgefallener Art ist in St. Andrä am Zicksee im Entstehen: das erste orthodoxe Kloster in Österreich, in dem griechisch-orthodoxen Mönche leben und wirken werden. Die Ökumene sei ihm nämlich - so Bischof Zsifkovics - sowohl mit den orthodoxen wie auch den evangelischen Christen ein Herzensanliegen.

"Behutsamer und zugleich zielstrebiger Weg"

Der Paderborner Pastoraltheologe Christoph Jacobs gab in seinem Vortrag im Rahmen der Festakademie zum Martinsfest "Orientierungspunkte" für den Neuen Pastoralen Weg der Diözese Eisenstadt. Mit dem Neuen Pastoralen Weg habe die Diözese "die Zeichen der Zeit erkannt" und nehme "die Umbrüche, die Abbrüche, aber auch die Aufbrüche" ernst. Der eingeschlagene Kurs sei "ein behutsamer und zugleich zielstrebiger Weg", so Jacobs.

Als besondere Kennzeichen der burgenländischen Neuausrichtung der Seelsorge nannte der Theologe einerseits die "Vielzahl der bereits stattgefundenen und zukünftig geplanten Konsultationsprozesse", also die Einbindung und aktive Mitwirkung aller Diözesan-, Dekanats- und Pfarrebenen in dem eingeleiteten Strukturwandel. Andererseits sei das "ständige Bemühen um die Einheit von spiritueller Verwurzelung und struktureller Veränderung" maßgeblich für den Neuen Pastoralen Weg der Diözese. Denn Offenheit für die Zukunft und die Fähigkeit zum Aufbruch inmitten gesellschaftlicher Veränderungsprozesse sowie die Verankerung im spirituellen Wurzelgrund bedingen sich notwendig und wechselseitig, zeigte sich Jacobs überzeugt.

Diözese an der Nahtstelle von Westen und Osten   

Der Experte für die Organisationsentwicklung in der Kirche hob vor allem das "spezielle Charisma" der Diözese Eisenstadt - "das Charisma der Zeitgenossenschaft" - hervor, das bei der seelsorglichen Neuausrichtung ein wesentlicher Orientierungspunkt sein solle. Als vergleichsweise sehr junge, mehrsprachige und aus vielen Kulturen bestehende Diözese liege sie "an der Nahtstelle zwischen dem Westen und Osten in Europa. Sie ist zwar nicht groß, aber was auch in Europa passiert: Sie spürt es schnell und deutlich", so Jacobs. Genau deshalb komme der Diözese Eisenstadt eine wichtige seismografische und zugleich multiplikatorische Wirkung zu, wenn es ihr gelinge, "auf die Herausforderungen der Zeit gute Antworten zu finden".

Den Hl. Martin bezeichnete der Theologe als "multikulturellen und kulturverbindenden Heiligen". Er könne die "natürliche Programmfigur oder Visionsgestalt für den Pastoralen Weg der Diözese Eisenstadt" werden. Unter Berufung auf den Hl. Martin müsse gelten: "Die Pastoral der Zukunft ist eine Pastoral auf Augenhöhe. Eine Asymmetrie der Macht hat in der Kirche von heute nichts mehr zu suchen."

Der Pastoraltheologe verwies auf den Wandel in den Darstellungen jener Szene, in der Martin seinen Mantel mit dem Bettler teilt. "In den ältesten erhaltenen Darstellungen steht der Hl. Martin mit dem Bettler auf Augenhöhe. Er steht dem Bettler von Angesichts zu Angesicht gegenüber", so Jacobs. Das Bild eines auf hohem Ross sitzenden Martinus habe sich erst zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert aus politischen Motiven - nämlich eine "Asymmetrie der Macht", eine Herrschaftsstruktur zu zeichnen - entwickelt. "Die Kirche darf an keinem Punkt mehr von oben nach unten handeln, sondern muss die Begegnung mit den Menschen von heute, besonders mit den Bedürftigen, von Angesicht zu Angesicht suchen." Ziel aller pastoralen Strukturen und Entwicklungen sei die "Förderung von Spiritualität und der Dienst am Menschen, die Förderung von Gottes Nähe und der Menschennähe".

Dies könne nur gelingen, wenn sich die Kirche nicht selbst bespiegle. Sie müsse den "Pastoralen Weg" als Dienst am Menschen begreifen, um spirituelle Räume zu erschließen und zu vertiefen, "in denen Christus unter Berücksichtigung der Herausforderungen der gegenwärtigen Zeit sowie in Rück- und Neubesinnung auf das Evangelium erfahrbar wird".

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Hl. Papst Johannes Paul II.

Trausdorf, 24. Juni 1988

..... "Liebe Christen der Diözese Eisenstadt! Im Geist des heiligen Martin überschreitet ihr auch die Grenzen eurer Heimatdiözese. Diese ist sich mit ihrem Bischof der Brückenfunktion bewußt, die ihr gerade zu den Völkern Osteuropas hin habt. Ihr seid bereit, mit ihnen Kontakte zu pflegen und auch mit ihnen zu teilen, materiell und geistig." .....

Dominik Orieschnig, Sprecher der Diözese Eisenstadt, über den aktuellen Bau eines Zauns zur Grenze nach Ungarn im Interview mit Radio Vatikan

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