Zsifkovics: Flüchtlingstragödie ist "Schande für die Menschheit"
Eisenstadt, 5.9.2015 (KAP) Als eine "Schande für die Menschheit", die sich nie mehr wiederholen darf, hat der Eisenstädter Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics den Tod der 71 Flüchtlinge auf der Ostautobahn bezeichnet. Gemeinsam mit dem evangelischen Superintendenten für das Burgenland, Manfred Koch, und dem griechisch-orthodoxen Metropoliten Arsenios Kardamakis und hunderten Gläubigen hatte Zsifkovics im Rahmen eines Ökumenischen Gottesdienstes am Freitagabend in der Stadtpfarrkirche von Neusiedl am See der Opfer gedacht. Im Gedenken an die Opfer waren 71 Kerzen entzündet worden. An dem Gottesdienst nahmen außerdem Landeshauptmann Hans Niessl und Landesrat Norbert Darabos teil.
"Alle in unserem Land" müssten nun zusammenstehen, um die Not zu bewältigen und die weiter nach Österreich strömenden Flüchtlinge aufzunehmen, so der Bischof. "In diesen Tagen ist wahrhaft unser Menschsein und noch mehr unser Christsein gefordert und hart auf die Probe gestellt". Zugleich richtete Zsifkovics einen eindringlichen Appell an die Pfarren seiner Diözese: "Es soll keine Pfarre bei uns geben, die sich dem entzieht, denn daran hängt unsere Glaubwürdigkeit!"
Zugleich mahnte der Bischof vor Indifferenz und einer falschen Immunisierung gegenüber dem Leid und den Bedürfnissen der Flüchtlinge: "Vergessen wir nicht, dass nicht nur diese Menschen, sondern wir alle auf unserer Lebensreise Geleise der Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft, Nächstenliebe brauchen. Vergessen wir nie: Morgen können wir diese Geringsten, Hilfsbedürftigen sein".
EU: Friedensprojekt oder Makulatur
Als "Europabischof" erinnerte er außerdem die Verantwortlichen der EU und die Mitgliedstaaten an die europäischen Grundwerte und der daraus unmittelbar folgenden Pflicht zur "raschen und unkomplizierten Hilfe für Flüchtlinge" sowie zur "nachhaltigen Bekämpfung der Ursachen für diese Not": "An der Flüchtlingsfrage wird sich entscheiden, ob Europa als eine von christlichen Wurzeln, vom Prinzip der Menschenwürde und der Unveräußerlichkeit von Grundwerten getragene Wertegemeinschaft, als Friedensprojekt im offenen, demokratischen und solidarischen Miteinander wirklich gelebt wird, oder ob der europäische Gedanke zur Makulatur geworden ist", so Zsifkovics.
Superintendent Koch rief die politischen Entscheidungsträger zur Hilfsbereitschaft und Solidarität auf: "Mir wurde gesagt, dass ein Asylwerber bis zu neun Monate bis zu einem Erstgespräch warten muss und dann noch einmal so lange, bis eine Entscheidung fällt. Vielleicht können wir hier helfen, unserem christlichen Auftrag zu entsprechen. Wir Burgenländer sind geübt im Helfen", so der Superintendent.
Metropolit Arsenios erinnerte daran, dass Migration und Fluchtbewegungen eine Grundkonstante in der Menschheitsgeschichte darstellten, an der sich die Nächstenliebe zu bewähren habe: "Unsere Welt ist seit Jahrtausenden in Bewegung. Das vergessen wir. Auch, dass Jesus ein Flüchtling war. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir alle Reisende und Wandernde sind." Die Flüchtlingsfrage gehe somit alle an, sie sei kein exklusives Problem, das sich in gesellschaftliche Randzonen verschieben lasse.